Die Lage der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus (EECMY)
im neuen Äthiopien hatte sich seit dem Machtwechsel 2018 sehr verbessert. Plötzlich war Öffentlichkeitsarbeit möglich, Fernseh- und Radioprogramme wurden vorbereitet, die aktive Einmischung in die Gesellschaft erwünscht. Kirchenpräsident Dr. Yonas Yigezu betonte damals aber auch, dass sich die Kirche „zu keiner Zeit mundtot habe machen lassen, um für Demokratie einzutreten“. Nun sei „Neutralität und aktives Engagement“ gefragt.

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2019 erhielt Präsident Abiy Ahmed insbesondere für seine Aussöhnungspolitik mit dem nördlichen Nachbarland Eritrea den Friedensnobelpreis zuerkannt. Und dann die Katastrophe: Im November 2020 entwickelte sich innerhalb weniger Tage ein Bürgerkrieg in Tigray, in dessen Verlauf die von Ahmed befehligten äthiopischen Streitkräfte sowie deren Verbündete Massaker und anderweitige Gräuel an der Bevölkerung begingen. Die politische Analyse, wie der Friedensbringer in so kurzer Zeit zum Kriegstreiber mutieren konnte, ist vielschichtig. Bei allem Misstrauen waren auch die Diasporagemeinden hier in Berlin zuerst voller Hoffnung. Viele besuchten 2019 ihr Heimatland. Nun rätseln alle über die Motive der Regierung, die direkte Konfrontation in Tigray zu suchen. Politisch hat ihm sein Kriegskurs nicht geschadet: Im Oktober 2021 wurde Abiy Ahmed offiziell für eine zweite Amtszeit von 5 Jahren vereidigt.

Bürgerkrieg
Der grausame Krieg in Äthiopien hält auch 2022 an. Die Mekane Yesus Kirche befindet sich in einer fortgesetzten Zerreißprobe, da sie landesweitaufgestellt ist und neben der Hauptethnie der Oromo und der Amhara weitere Ethnien umfasst, auch Menschen aus Tigray. Sie sitzt sprichwörtlich zwischen den Fronten und hat sich öffentlich nie zu dem Krieg geäußert. Die Kommunikation zu den Geschwistern riss aber nie ab. Es ist bewundernswert, wie unsere Partner in dieser Situation ihre Projekte weitertreiben. So konnten 2020 mehr junge Frauen ihr Theologiestudium abschließen als je zuvor und haben nun endlich eine eigene Unterbringung in Arba Minch. Sowohl in Dembi Dollo als auch in Arba Minch generieren die neuen Hostienbackmaschinen, die das Berliner Missionswerk gemeinsam mit der Ev. Landeskirche Anhalts gesponsert hatte, durch den Verkauf der Hostien Einkommen. Das große Brunnenprojekt im Süden ist mit Unterstützung des Berliner Kirchenkreises Nord-Ost kurz vor der Fertigstellung. Auch in Chanka laufen durch die Treue der Kirchengemeinde in Schmöckwitz die Partnerschaftsprojekte weiter. Insbesondere das AIDS/HIV-Projekt, das sich territorial durch mittlerweile zwei Landeskirchengebiete zieht (WWBS und WBS), wird auch unter den sehr erschwerten Bedingungen des Bürgerkriegs fortgeführt.